Gestern, heute und morgen.

Es scheint noch nicht lang her, aber heute am 24.12. ist es genau ein Jahr. Aber Zeit ist sowie so ein surrealer Begriff. 5 Tage bis zum nächsten Wochenende, 3 Monate bis zum Urlaub. Rückblickend scheint es als war alles Gestern. Gestern als ich dich beim Ski fahren beinahe mal über den Haufen gefahren hätte und wir beide uns vor Lachen kaum Luft bekamen. Gestern war auch als du das erste mal dein Enkelkind im Arm gehalten hast und die quasi überall mit hingeschleppt hast. Gestern hast du vor Freude geweint als dir die Koryphäe des Landesmuseums, für das du bis zur Rente tätig warst, beim Abschied eine persönliche Widmung in ein Ausstellungsbuch geschrieben hat. Stolz warst du, weil er das bei noch niemanden gemacht hat. Und dann das Gestern als wir das erste Mal am Telefon über deine schwere Krankheit gesprochen haben, die du lange verheimlichen wolltest. Gestern war all die Hoffnung auf die Chemo, die dir nicht nur deine Haare sondern viel Kraft genommen hat. Gestern war der Kampf und auch die Gewissheit, dass alles nicht funktioniert. Gestern war deine kühle Hand und dein Körper der schon gar nicht mehr nach dir aussah, weil der Krebs dich so gezeichnet hatte. Das alles war gestern. Und Heute? Heute bist du 1 Jahr gegangen und selbst das Gefühl heute scheint, als seit alles erst gestern passiert. Heute bin ich noch immer fassungslos und traurig. Du fehlst und mehr gibt es dazu weder gestern, noch heute und auch morgen nicht zu sagen. Frohe Weihnachten Mama

18 – P.S. Ich liebe Dich

Die Wahrheit ist, wir sind aneinander gewachsen und unsere Wurzeln, sicher von Beginn an vorhanden, brauchten Zeit um sich tief ins Erdreich unseres gemeinsamen Lebens zu schlagen. Wir haben kleine und große Stürme überstanden. Oft nicht komplett unbeschadet. Aber Wunden heilten, wenn die Sonne nach einem Unwetter wieder schien. Oft war der Wind so laut, das wir einander nicht immer verstanden. Manchmal gaben wir uns nicht genug Mühe uns zuzuhören, weil Schweigen leichter war. Jeder Kampf war notwendig um Raum zu schaffen zum wachsen, Raum für dich und auch Raum für mich. Mutter sein muss man genau lernen, genauso wie das Tochter sein. Insgesamt haben wir das gut gemeistert, glaubst du nicht auch? Heute sind wir verbunden auf diese höchst eigene Weise. Wir hören das Schweigen des anderen und der Gedanke ganz ohne einander zu sein ist so gänzlich absurd, das wir ihn nie zu Ende denken. Du bereicherst mein Leben jeden Tag, gestaltest es voller Farben und kennst gleichzeitig das Beste und das Schlechteste von mir. Du bist mir so ähnlich und doch so wunderbar anders. Du bist Tochter und Freundin. Der Mensch zu dem ich am ehrlichsten sein kann und der mir jede Frage stellen darf. Meine Liebe und Fürsorge steht dir zu, völlig ohne jede Bedingung. Du machst mich unendlich stolz. Und wenn du das weißt, habe ich alles richtig gemacht. Alles liebe zu deinem Geburtstag.

Deine Mama

Ich bin ich, durch dich

An ihrer Mutter wächst eine Tochter am meisten. Sie verlangt dir alles ab. Erwartet viel, weiß alles (meist besser) und holt dich oft mit einem Satz aus den Wolken deines selbstgeschaffenen Lalalandes. Sie sagt dir gern ungefragt ihre Meinung und weist dich auch noch mit Mitte 40 zurecht wie ein kleines Kind. Du kämpfst mit ihr, ums Recht haben, ums Verständnis, um gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung, um Selbstbestimmung und um viele kleine Nichtigkeiten und wenns nur drum geht, ob die kleinen Teller in der Spülmaschine oben hin kommen. Du hasst sie gelegentlich, findest sie unfair, unterstellst einen Hang zur Übertreibung. Du streitet mit ihr und hin und wieder herrscht bitterliches Schweigen. An das denkst du am meisten wenn sie geht. An jedes ungesagte Wort, an all das Unnütze. Dir fallen tausend Dinge ein die du noch von ihr lernen wolltest. Wie du Weihnachtssuppe ging, die es Zuhause immer gibt. Sie fehlt, fehlt, fehlt von der ersten Sekunde an. Du erkennst, du bist was du bist auch wegen IHR. Weil du an ihr gewachsen bist. Weil du ihre Tochter bist, sie ein Teil von dir ist und sie ein Teil von dir mit sich nimmt, wenn sie geht. Und was bleibt ist LIEBE UND DANKBARKEIT. Vorallem aber LIEBE, MAMA!

Deine Tochter